Die Inszenierung der Gefühle
Chihiros Reise ins Zauberland / Sen to Chihiro no Kamikakushi
04. Mai 2018

CHIHIROS REISE INS ZAUBERLAND (Sen to Chihiro no kamikakushi, R: Miyazaki Hayao, Japan 2001) ist einer jener japanischen Zeichentrickfilme (sogenannter Animes), die auch in Europa und den USA große Bekanntheit erlangt haben. Ausschlaggebend dafür war die Verleihung des Goldenen Bären für den besten Film bei der Berlinale 2003. Eine damals ungewöhnliche Entscheidung, die aber wesentlich dazu beigetragen hat, das internationale Interesse für japanische Animationsfilme zu wecken.
CHIHIROS REISE erzählt die Geschichte eines ca. 10 Jahre alten Mädchens, das mit ihren Eltern auf der Fahrt ins neue Zuhause in ein Zauberreich gerät. Dort werden die Eltern – den Versuchungen der Völlerei erlegen – in Schweine verwandelt und Chihiro muss im Badehaus der Hexe Jubaba anheuern, um ihre Eltern retten zu können. Der Film erzählt eine Reihe von Abenteuern in einer Welt, die von zahlreichen magischen Wesen bevölkert ist. Der Charme des Filmes besteht aus der Vielschichtigkeit seiner Figurenzeichnungen und Erzählungen; aus dem Zusammenspiel von märchenhaften und realistischen Elementen; aus seinen klug und liebevoll gestalteten Details; aus der Weigerung, seine Geschichte in einem starren Gut-Böse Muster zu erzählen; und nicht zuletzt aus dem wohlüberlegten und gekonnten Einsatz filmischer Erzählmittel.
CHIHIROS REISE eignet sich aus vielerlei Gründen für den Einsatz in unserem Vermittlungsprojekt. Er behandelt das Thema Kindheit im Film als Reise in eine Fantasiewelt, während die bisherigen Beispiele tendenziell eher dem Register des Realismus zuzuschreiben wären (Brot und Gasse, Zéro de Conduite, Wo ist das Haus meines Freundes). Er ist der erste japanische Film und der erste Animationsfilm in unserer Auswahl. Und er erzählt eine für Kinder interessante und unterhaltsame Geschichte. An CHIHIROS REISE sehen wir, was spätestens seit dem Goldenen Bären international wahrgenommen wird: Dass ein Zeichentrickfilm, der für Kinder geeignet ist, vielschichtig erzählen und seine Zuschauer*innen ernst nehmen kann.
Die Treppe als emotionale Achterbahnfahrt
CHIHIROS REISE ist – so dachten wir – mit einer Laufzeit von knapp über zwei Stunden eine Herausforderung für ein Publikum von 10 bis 12-jährigen Kindern. Noch dazu in japanischer Originalfassung mit deutschen Untertiteln. Doch alle Sorgen im Vorfeld waren unberechtigt: Die Kinder waren die gesamte Dauer des Films über konzentriert und fasziniert beim Film und sprühten in der ersten Besprechung vor Eindrücken, die sie uns mitteilen wollten. Schnell kristallisierten sich einzelne Szenen heraus, die einen besonders starken Eindruck hinterlassen hatten. Das waren v.a. Momente großer Spannung und Gefahr, oft gepaart mit komischen, slapstickhaften Elementen. Interessant war auch, dass nicht die Handlungs-entscheidenden Momente intensiv diskutiert wurden, sondern kleine Abenteuer und Hindernisse auf Chihiros Weg. So ist etwa das Überqueren einer Treppe über einem Abgrund vielen Kindern besonders stark im Gedächtnis geblieben und wurde gleich zu Beginn des Gesprächs lautstark diskutiert.
Diese starke Reaktion der Kinder auf oben genannte Szene gab den Anstoß, in der Analyseeinheit die Treppensequenz zu untersuchen. Diese Szene eignet sich gut für eine detaillierte Analyse. Denn an ihr kann nachvollzogen werden, wie mittels weniger formaler Entscheidungen eine emotionale Achterbahn erzeugt werden kann – von der Anspannung über das Erschrecken bis zum befreienden Auflachen – ohne dass die Zuschauer*innen die Orientierung oder den Faden der Erzählung verlieren. Somit kann formale Gestaltung, wenn sie klug durchdacht und einem erzählerischen Zweck untergeordnet ist, große emotionale und intellektuelle Auswirkungen auf das Publikum haben. Auch (vielleicht sogar besonders) auf ein kindliches Publikum.
Die gezeigte und besprochene Sequenz bildet eine in sich abgeschlossene Szene, zu deren Verständnis es kaum notwendig ist, etwas über den Film, seine Figuren oder die Handlung zu wissen. Alles, was zu ihrem Verständnis beiträgt, ist in den Bildern zu sehen und in den Tönen und der Musik der Szene zu hören. Wir zeigten in der Nachbereitung zunächst noch einmal die ganze Szene, und arbeiteten dann anhand von Filmstills wesentliche Gestaltungsmerkmale heraus.


















Die ersten Einstellungen: Etablierung der Situation
Die erste Einstellung zeigt Chihiro, die durch eine Hintertür ein großes Haus verlässt und in Richtung des linken Bildrandes schleicht, weg vom ‚belebten‘ Teil des Bildes. In der zweiten Einstellung sehen wir, worauf sie zugeht – die Treppe kommt ins Bild – und in der dritten, wie gefährlich die Situation ist, wie wackelig die Treppe, wie tief der Abgrund.



In diesen drei Einstellungen ist die Situation schon vollständig etabliert. Dies wollten wir nun mit den Kindern erarbeiten und forderten sie dazu auf, uns zu erzählen, was hier bereits zu erkennen ist. Wir sammelten ihre Anmerkungen und ergänzten sie um Details der Bildanalyse, die ihre Beobachtungen stützten.
So erarbeiteten wir: Rechts sieht man die Dämonen über die Brücke gehen, links sehen wir eine Wand, die parallel zur Bildebene verläuft. Die Kante des Hauses teilt in der ersten Einstellung als senkrechte Linie das Bild in zwei Hälften. Eine kurze Fahrt der Kamera1 nach links bringt die Tür ins Bild, durch die Chihiro erscheint. Das geteilte Bild zeigt uns die Welt der Dämonen, aber ebenso die ‚Rückseite‘ dieser Welt, die für die kommenden Filmminuten Schauplatz der Handlung sein wird. Chihiro darf nicht entdeckt werden und muss sich verstecken. Dafür ist der unbeleuchtete Teil des Gebäudes gut geeignet. Die Wand, die in der linken Bildhälfte unseren Blick in die Tiefe des Bildes verstellt, zeigt uns, wie eng Chihiros Handlungsspielraum ist. Gleichzeitig schützt die Wand auch vor den Blicken derer, die Chihiro nicht entdecken dürfen. (Mehrere Kinder betonten, wie nahe in dieser Einstellung Versteck und potentielle Entdecker*innen optisch zusammenliegen.) Chihiros Weg führt von dieser Gefahr weg, allerdings zur nächsten Gefahr hin, zur unsicheren und offen daliegenden Treppe. Die Art und Weise, wie sich Chihiro an der Wandvertäfelung festklammernd in Richtung des linken Bildrandes schiebt, zeigt uns, dass auch in dieser Richtung Gefahr lauert.
Die nächsten beiden Einstellungen machen dann klar, worin die Gefahr, auf die sich unserer Heldin zubewegt, besteht: Den Kindern fiel auf, dass man bereits in der zweiten Einstellung die obersten Stufen der Treppe sieht. In der dritten folgen wir mit Chihiros Blick der Treppe in die Tiefe.
In nur wenigen Sekunden und nur drei Einstellungen ist alles enthalten, was wir benötigen, um uns in der Situation auszukennen. Doch nicht nur die Handlung, auch die wichtigsten gestalterischen Parameter der Sequenz sind etabliert. Einige dieser Parameter haben wir herausgegriffen um an ihnen, wie einer ästhetischen ‚Spur’, durch die weitere Sequenz zu folgen. Wir wählten für diese Fokussierung den Einsatz diagonaler Linien einerseits und den Wechsel der Einstellungsgrößen andererseits. Diese gestalterischen Elemente sind den Kindern bereits in der genauen Betrachtung der ersten Einstellungen aufgefallen und für den Rest der Analyseeinheit bildeten sie die Spuren, denen die Kinder folgen konnten.
Instabile Situation: Diagonalen
Den Kindern war bereits in der ersten Nachbesprechung aufgefallen, dass die Senkrechte in der ersten Einstellung eine besondere gestalterische (und damit erzählerische) Funktion erfüllt: Sie trennt die Welt der Dämonen von jenem Bereich, in dem sich Chihiro unentdeckt bewegen kann. Mit ihrer Bewegung zum linken Bildrand und damit zur Treppe entfernt sich Chihiro von dieser Senkrechten und begibt sich in eine Welt, die von schrägen Linien beherrscht wird. Das Prekäre an Chihiros Lage wird dadurch bereits in der Gestaltung der Bilder erfahrbar. Dies ist die erste ästhetische Spur, der zu folgen wir die Kinder aufforderten. Wir gingen die Sequenz Bild für Bild durch und suchten nach Besonderheiten in der Liniengestaltung und fragten nach deren möglicher Bedeutung. Exemplarisch wollen wir für diesen Text die Diskussion der ‚schrägen Gestaltung‘ am Beispiel der dritten Einstellung zusammenfassen.

In dieser Einstellung blicken wir als Zuschauer*innen Chihiro aus einer erhöhten Position über die Schulter, aus der wir in die Tiefe des Abgrunds zu blicken scheinen. Vom rechten Bildrand her schieben sich auch die Linien der Wandvertäfelung (die in dieser Einstellung am rechten Bildrand sehr groß im Bild zu sehen sind) nach links unten und ziehen dadurch unseren Blick weiter in die (durch die zentralperspektivische Zeichnung suggerierte) Tiefe. Auch die Treppe folgt dieser Linie in die Tiefe, beschreibt aber nicht zur Gänze denselben Weg, sondern biegt in der Mitte des Bildes nach rechts ab, um sich als Zickzacklinie fortzusetzen. Diese gegenläufige Linie verstärkt den Eindruck einer abstürzenden und instabilen Situation.
Zu all dem kommt noch ein weiteres Moment: vom unteren Bildrand her fährt in der Tiefe ein Zug ins Bild und durchquert es in einer Linie, die ungefähr dem Verlauf der Treppe folgt. Während die statischen Linien bereits viel Unruhe ins Bild gebracht haben, wird diese nochmal gesteigert, indem jetzt Bewegung ins Bild kommt. Der Zug bildet vom Bildaufbau einen Pfeil, der unseren Blick weiter in die Tiefe lenkt.
Die beschriebene Einstellung ist ein Höhepunkt der diagonalen Bildgestaltung in dieser Sequenz, doch sind Schrägen in fast jeder ihrer Einstellungen zu finden. Von der bereits erwähnten schrägen Wandvertäfelung über die abfallende Treppe bis hin zu den Blickrichtungen Chihiros. Das zentrale Wort dabei ist fast, denn ebenso wichtig wie die Etablierung eines optischen Motivs, das sich durch diese Szene zieht, ist der Variantenreichtum, in dem es eingesetzt wird. Der Film erlaubt sich immer wieder ‚Ruhezonen‘, in denen das Bild stabiler wird, und die sowohl Chihiro als auch uns ermöglichen, zur Ruhe zu kommen. Am markantesten ist diese Gestaltungsstrategie in der Einstellung, die auf Chihiros erstes beinahe-Abrutschen von der Treppe folgt: Dieses Bild zeigt die Stufen, auf die sich Chihiro kauert, als stabiles Gebilde von waagrechten und senkrechten Linien, als sichere Box, in der sie sich nach dem Schrecken erholen und neuen Mut schöpfen kann. Doch auch hier bleibt die Gefahr im Bild: Die Kinder haben uns sofort – und ohne, dass wir sie darauf angesprochen hatten – darauf hingewiesen, dass trotz aller momentanen Sicherheit der Blick in die Tiefe weiterhin gegeben ist, nämlich durch die Stufen hindurch.

Nähe und Distanz: Einstellungsgrößen
Ein weiteres gestalterisches Element, das den Schüler*innen bereits in den ersten Sekunden der Sequenz aufgefallen ist, ist der Wechsel zwischen weiten und nahen Einstellungen. Auch das ist schon in den ersten Einstellungen zu erkennen.


Die Kinder erkannten sehr schnell, dass uns die weiten Einstellungen einen Blick auf die Situation erlauben, in der Chihiro steckt, während die nahen Einstellungen uns ermöglichen, engeren Kontakt mit unserer Protagonistin aufzunehmen: Ihre Gestik ist besser erkennbar und dominanter im Bild, ihre Körpersprache ist für uns klarer lesbar und wir sind ganz einfach nah bei ihr.
Sehr gut erkennbar ist dieser Wechsel von nahen und weiten Einstellungen gegen Ende der Sequenz, wenn eine Stufe durchbricht und Chihiro unkontrolliert die Stiege hinabläuft.
In der Diskussion der diagonalen Linien haben wir bereits erarbeitet, dass Chihiro sich nach dem ersten Abrutschen auf einer Stufe zusammengekauert, um besseren Halt und neue Sicherheit zu finden. Die Wahl der Einstellungsgröße trägt zu dieser Wirkung bei: Der gewählte Bildausschnitt lässt die Umgebung außen vor und bildet um Chihiro einen sicheren Rahmen. Die Kinder bemerkten, dass alles, „was ihr Angst macht, nicht zu sehen ist“. Das gilt gleich in einem doppelten Sinne: Für uns ist es nicht zu sehen, da es außerhalb des Bildes liegt, für Chihiro ist es nicht zu sehen, weil sie die Augen fest schließt.

Sobald sie wieder neuen Mut gefasst hat, macht sie sich erneut an ihren Abstieg und zwar so vorsichtig wie möglich. Langsam und vorsichtig setzt sie den Fuß auf die nächste Stufe und verlagert nur nach und nach ihr Gewicht auf diesen Fuß. Die Kamera lässt uns diese Situation ähnlich konzentriert miterleben: Durch die Wahl dieser sehr nahen Einstellung sehen wir nur den Fuß, der auf der Stiege Halt sucht.

In der nächsten Einstellung wechselt die Perspektive und wir sehen wieder die komplette Treppe. Sie erlaubt es uns, uns in einem Moment zu orientieren, in dem aus Stille und Vorsicht eine Lawine aus unkontrollierbaren Bewegungen entsteht.




Die Distanz, die so zu Chihiro entstanden ist, wird in den folgenden drei Einstellungen kontinuierlich verkleinert und wir kommen ihr nach und nach näher. Nachdem sie uns ‚davongelaufen‘ ist, wechselt die Kamera von einer Position oben auf der Treppe zu einer Position am unteren Ende der Treppe, was dazu führt, dass Chihiro (die eben noch zu einem kleinen Punkt in der Ferne wurde), wieder auf uns zuläuft, sie kommt uns wieder näher und ist für einen kurzen Moment sogar bildfüllend. Darauf folgend ist Chihiro wieder groß im Bild, die Kamera bewegt sich mit ihr ‚mit‘. Wir beobachten Chihiro in diesem Moment nicht nur, wir laufen mit ihr mit. Und schlussendlich nimmt die Kamera auch ihren Blick ein. Entfernung, Annäherung, Mitbewegen und den Blick Teilen: In dieser Abfolge führt die Gestaltung dazu, dass wir im einem Wechsel Distanz zur Hauptfigur aufbauen und wieder aufs Neue Kontakt zu ihr aufnehmen.
Praktische Übung: Eine Treppe inszenieren
Für die zweite Einheit wollten wir die erarbeitete Analyse wieder in eine kreative Aufgabe übergehen lassen. Wir stellten die Aufgabe, eine Treppe zu zeichnen, und zwar in einer bestimmten Stimmung. Welche Stimmung das sein sollte, konnten die Kinder frei wählen. Die Analyse der Szene aus CHIHIROS REISE hatte schon einige Möglichkeiten gezeigt. In einem kurzen Brainstorming sammelten wir weitere mögliche Eigenschaften der Treppe und die damit verbundenen Stimmungen: gefährlich, stabil, wackelig, gruselig, einladend, königlich, spielerisch und so weiter.
Als reales „Vorbild“ konnte die Haupttreppe der Schule genommen werden. Dafür durften sich die Schüler*innen im Treppenhaus der Schule bewegen, um einen für ihre Zwecke geeigneten Blickwinkel zu finden. Oder sie schauten sich erneut ein Bild aus der Sequenz an. Dafür wurden weiterhin Stills aus der Szene an die Wand projiziert. Zudem gab es das dreidimensionale Papp-Modell einer Treppe, das von der Klassenlehrerin Melanie Trautenberger extra für diesen Zweck angefertigt worden war.
Wichtig an dieser Übung war, dass sich die Kinder überlegten, wie sie die gewählte Stimmung zeichnerisch umsetzten. Welchen Bildausschnitt sie wählten, welche Farben, ob sie mit Lineal arbeiten oder Linien besser freihändig zeichneten usw. Die fertigen Zeichnungen brachten eine Bandbreite von verschiedenen Realisierungen.







Fazit
Die analysierte Sequenz führt uns in wenigen Sekunden durch eine Vielzahl von Gefühlen. Diese emotionale Berg- und Talfahrt war für die Kinder ein sehr lustvoll besetzter Aspekt des Filmerlebnisses. Die Szene hatte nach der dritten Sichtung noch dieselbe starke Wirkung wie beim ersten Mal. In der Analyse wollten wir gemeinsam erarbeiten, was in einem Bild alles zusammenspielt, um bei Zuschauer*innen emotionale Wirkung zu entfalten. Dabei haben wir uns aus mehreren Gründen auf nur zwei formale Elemente und deren Bedeutungsspektrum konzentriert. Zum einen, um Übersichtlichkeit in einer sehr komplexen Sequenz zu schaffen. Zum anderen, um zu zeigen, wie ein einmal etabliertes formales Element sich durch mehrere Minuten Film in unterschiedlichen Schattierungen ziehen kann. In der besprochenen Sequenz könnte sich die Analyse zum Beispiel genauso gut auf den Einsatz der Musik oder die Hell-Dunkel-Gestaltung konzentrieren. Kinder können auch ohne Anleitung Spuren folgen, die man im Dialog einmal erarbeitet hat. Pädagogen und Pädagoginnen, die mit dieser Sequenz im Unterricht arbeiten wollen, können den Fokus der Analyse selbstständig ihren Bedürfnissen anpassen (z.B. durch verstärkte Hinwendung zur Tongestaltung im Rahmen des Musikunterrichts). Wichtig dafür ist allerdings, nicht beim bloßen Aufzählen formaler Entscheidungen stehenzubleiben, sondern immer wieder die Frage zu stellen, welche Wirkungen die formalen Entscheidungen entfalten könnten.
Durch die Auswahl dieser speziellen Sequenz haben wir versucht, das Nachdenken über die Form eines Filmes nicht zu einer analytischen Trockenübung zu machen, sondern die Begeisterung für einen filmischen Moment mit der genauen Analyse seines Zustandekommens zu verknüpfen. Im anschließenden praktischen Teil wurde diese Verbindung, um die Möglichkeit selbst zu gestalten, bereichert. Das gewählte Medium (die Zeichnung) eignete sich in diesem Kontext besonders, da wir auch in der Filmanalyse dieses Mal vorwiegend mit statischen Bildern und ihren graphischen Elementen gearbeitet haben.
Zitiervorschlag: Stefan Huber: Die Inszenierung der Gefühle in Chihiros Reise ins Zauberland. In: Bettina Henzler (Hg.): Filmästhetik und Kindheit. Online-Beiträge zum gleichnamigen Forschungsprojekt. www.filmundkindheit.de/vermittlung/vermittlung-fuer-kinder/huber-die-inszenierung-der-gefuehle/ (veröffentlicht am 04.05.2018).
Filme / Literatur
Brot und Gasse, R: Abbas Kiarostami, Iran 1970
Chihiros Reise ins Zauberland, R: Miyazaki Hayao, Japan 2001
Wo ist das Haus meines Freundes?, R: Abbas Kiarostami, Iran 1987
Zéro de Conduite, R: Jean Vigo, Frankreich 1933
Herbert Schwab: Erwachsene Tiere und infantile Zuschauer. Der digitale Realismus und das Unterhaltungskino. In: Sabine Nessel, Winfried Pauleit, Christine Rüffert, Karl-Heinz Schmid, Alfred Tews (Hg.): Der Film und das Tier. Klassifizierungen, Cinephilien, Philosophien. Berlin 2012.
Anmerkungen
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1
Im weiteren Verlauf wird der Einfachheit halber von einer ‚Kamera’ gesprochen, auch wenn diese nur in der Form der Einstellungen suggeriert wird. In einen Zeichentrickfilm ist jede wahrnehmbare Bewegung der Blickposition das Ergebnis von Zeichnungen und nicht einer Verschiebung der Kameraposition. Im vorliegenden Fall erscheint die Wahl des Begriffs ‚Kamera‘ legitim, da – wie Herbert Schwab nachgewiesen hat – Hayao Myazaki sich in der Gestaltung seiner Filme an Formen des filmischen Realismus orientiert. Siehe Herbert Schwab: Erwachsene Tiere und infantile Zuschauer. Der digitale Realismus und das Unterhaltungskino. In: Sabine Nessel, Winfried Pauleit, Christine Rüffert, Karl-Heinz Schmid, Alfred Tews (Hg.): Der Film und das Tier. Klassifizierungen, Cinephilien, Philosophien. Berlin 2012.