Sich vom Ballon wegtragen lassen
Der Rote Ballon / Le ballon rouge Die Reise des Roten Ballons / Le voyage du ballon rouge
17. Januar 2018

der rote ballon (le ballon rouge, R: Albert Lamorisse, Frankreich 1956) ist einer der berühmtesten Kindheitsfilme des französischen Kinos. Er wurde mit unzähligen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit der Goldenen Palme für den besten Kurzfilm in Cannes. Jahrzehntelang lief er als 16mm-Kopie in nicht kommerziellen Aufführungen in Schulen und Filmclubs und prägte die ersten Filmerfahrungen vieler Kinder.1 Der Film gewinnt seinen Reiz für Kinder und Erwachsene aus seiner vordergründigen Einfachheit, die zu verschiedenen Deutungen und Rezeptionsweisen einlädt. der rote ballon erzählt die Geschichte eines kleinen Jungen (gespielt von Pascal Lamorisse, dem Sohn des Regisseurs), der sich mit einem roten Luftballon ‚anfreundet’. Er läuft mit ihm durch die Straßen von Paris, schützt ihn vor den Erwachsenen, die ihn aus öffentlichen Räumen (Bus, Schule, Kirche) ausgrenzen, und vor den anderen Kindern, die ihn schließlich zerstören.
Kindheit wird in der rote ballon als eine Zeit vorgeführt, in der Objekte durch Fantasie zum Leben erweckt werden können und wo strenge Regeln, Verbote und Missgunst die Freiheit der Fantasie bedrohen. Der Film ist auch ein Kommentar zum Frankreich der Nachkriegszeit, das als eine graue, reglementierte Welt inszeniert wird, in der Institutionen und Erwachsene autoritär oder ignorant mit dem Jungen umgehen und auch die Spiele der anderen Kinder von Konkurrenz und Gewalt (der Logik des Krieges?) beherrscht sind. Man mag den Ballon als Symbol für Freiheit, Fantasie, Transzendenz oder anderes deuten – ich möchte hier stattdessen den Aspekt der Ästhetik ins Spiel bringen.2 Denn mit dem Ballon, seiner Form, Farbe und Bewegung wird eine andere Dimension in der Welt der Handlung sichtbar. Diese verweist auf die Eigenschaften des Film, denn Film ist ein Medium, das Objekte in Bewegung versetzen und das bewegte Formen zur Anschauung bringen kann.
Der taiwanesische Regisseur Hou Hsiao-hsien hat 50 Jahre später mit seinem vom Musée d'Orsay (Paris) in Auftrag gegebenen Film die reise des roten ballons (le voyage du ballon rouge, Frankreich 2008) auf der rote ballon geantwortet. die reise des roten ballons zeigt uns den Alltag eines Kindes im zeitgenössischen Paris, umgeben von Kunst und Medien, wo ein Luftballon nur eine Ablenkung unter vielen ist. In diesem Film ist es nicht das Kind, das dem Ballon folgt, sondern die Kamera, die seine schwebenden Bewegungen aufgreift. Damit thematisiert die reise des roten ballons explizit, was in der rote ballon nur indirekt verhandelt wird: die Eigenschaften, Gestaltungs- und Rezeptionsformen des Mediums Film.
Im Vergleich der beiden Filme werde ich im Folgenden den Zusammenhang von Kindheit, Bewegung und Ästhetik aufzeigen. Denn der rote ballon zählt zu einer Reihe von Filmen der 1950er und 1960er Jahre, die Kinder in Bewegung zeigen, und mit der (gefilmten) Lust an der Bewegung auch die Lust am Film(en) vermitteln.
Siehe auch die Analyse der Museumssequenz von die reise des roten ballons in Hinblick auf die Reflexion von Kindheit, Medialität und Bildung in Die Mise en scène der Vermittlung.
Verwandlungen des Ballons: Animation
der rote ballon zeigt uns die Verwandlung eines Ballons in einen Spielkameraden – eines Gegenstands in ein Lebewesen. Diese Verwandlung erfolgt im Spiel und im Blick des Kindes. Der Junge entdeckt den Ballon im Off und holt ihn in das Blickfeld der Zuschauer*innen, indem er die Lampe hochklettert, an der der Ballon hängt.


Auf dem Weg zur Schule führt er den Ballon mit sich: er sorgt für ihn wie für ein Haustier, indem er ihn in die Obhut des Schuldieners gibt und ihn vor dem Regen schützt. Und er beginnt mit ihm zu sprechen – vor allem in Befehlen, die die Haltung von Erwachsenen gegenüber Kindern spiegeln: "Du musst gehorchen und brav sein...". Erst später belebt sich der Ballon auch in den Augen der Zuschauer*innen, wenn er beginnt, sich autonom zu bewegen, als habe er einen eigenen Willen. Er bleibt am Fenster, obwohl die Mutter des Jungen ihn aus der Wohnung des Mietshauses ausgeschlossen hat. Er kehrt zu dem Kind zurück, und beginnt mit ihm zu spielen. Seine Bewegungen folgen nicht mehr physikalischen Gesetzen, sondern den Logiken der Psychologie und der Narration.
Wenn sich der Junge und der Ballon voreinander verstecken und wieder erscheinen, zwischen Annäherung und Distanzierung schwanken, zeigt sich der Beginn einer Freundschaft. Es artikuliert sich der eigene Willen des Ballons, wie auch seine freiwillige Gefolgschaft. Der räumliche Abstand veranschaulicht auch einen psychischen. Der Psychoanalytiker Donald Winnicott hat auf die zentrale Rolle von Objekten im kindlichen Spiel verwiesen, an denen ein Kind sein Verhältnis zur Welt erprobt: Objekte der Außenwelt werden durch das "Gefühl des Traums" besetzt, sie stehen im Dienste der kindlichen Imagination.3 Das Spiel des Jungen mit dem Luftballon scheint, wie der Film als Ganzes, diese Funktion des Spielobjekts vorzuführen und seiner Erzählung zugrunde zu legen. Dabei kommen wesentliche Eigenschaften des Mediums Film zu Geltung: das Spielen mit dem Sichtbaren (On) und dem Nichtsichtbaren (Off), die Aufzeichnung und Wiedergabe von Bewegungen. André Bazin hat in seinem berühmten Artikel Schneiden verboten! dargelegt, dass der Zauber von der rote ballon nicht auf Montage beruht. Indem die Beziehung zwischen dem Jungen und dem Ballon sich innerhalb der Einstellungen entfaltet, schicke der Film "uns in die Wirklichkeit zurück". Gerade der filmische Realismus, das heißt die Wahrnehmung des filmischen Universums als Realität, bringt demnach die Magie der Interaktion von Kind und Ballon hervor. Das Wichtigste sei, so Bazin, "dass sich diese Geschichte ganz dem Kino verdankt, eben weil sie ihm nichts Wesentliches verdankt."4
Die Belebung des Ballons zeigt sich nicht nur in der eigenwilligen Bewegung und im direkten Zusammenspiel von Kind und Ballon. Sie entsteht auch aus der narrativen Konstruktion, die den Ballon zu einer Figur mit menschlichen (oder zumindest tierähnlichen) Zügen, zu einem Kameraden des Jungen macht. Das heißt seine Bewegungen fügen sich in Handlungsschemata ein, die aus Spielfilmen bekannt sind, und die dem Ballon bestimmte Gefühle oder psychologische Motive zuweisen: Der Ballon 'foppt' den Jungen, in dem er sich vor ihm versteckt, sich mal seinem Griff entzieht, dann wiederkehrt. Er folgt einem anderen Ballon – als wäre er ‚verliebt’ – und muss von dem Jungen zurückgeholt zu werden. Als andere Kinder den Jungen verfolgen, gelingt es dem Jungen und dem Ballon gemeinsam, sie zu ‚überlisten’. Und am Ende erweisen sie sich ihre gegenseitige Treue in Gefahr: Nachdem der Junge den Ballon von den anderen Kindern befreit hat und dabei selbst gefangen wurde, bleibt der Luftballon, obwohl ihn die Kinder mit einer Schleuder beschießen, in der Nähe und ‚hält zu ihm’.
Melodramatischer Höhepunkt dieser Erzählung ist die Zerstörung des Ballons, die wie ein Tod inszeniert ist.5 Dieser Eindruck wird jedoch nicht durch die Reaktion des Kindes erweckt. Wir sehen den Jungen nicht weinen, sondern eher perplex auf den kaputten Ballon schauen. Stattdessen wird die Zerstörung in einer langen Einstellung vorgeführt, in der dem angeschossenen Ballon langsam die Luft entweicht, seine Oberfläche runzelig wird und er zu Boden sinkt, bevor ein Kind ihn zertritt. Die vom Film aufgezeichnete Veränderung des Materials gibt dem Ballon gerade in dem Moment seinen 'lebendigsten' Ausdruck, indem er zu 'sterben' scheint.




Verwandlung der Welt im Spiel: Bewegung, Farbe, Form
der rote ballon führt uns aber nicht nur die Verwandlung eines Gegenstands vor Augen, sondern zeigt uns auch eine Veränderung des Kindes und seiner Beziehung zur Welt. Der Kontrast zwischen dem Ballon und der Stadt ist schon in den ersten Szenen offensichtlich. In einer von grauen Gebäuden und geraden vertikalen und horizontalen Linien dominierten Umgebung erscheint ein runder rotglänzender Ballon in Form und Farbe als Fremdkörper. Noch entscheidender ist, dass er den Jungen auf 'Abwege' führt. Er lenkt dessen Blick nach oben in die Luft. Und er initiiert Bewegungsrichtungen, die nicht den von der Stadtarchitektur vorgegebenen Wegen entsprechen. Als er den Ballon entdeckt, klettert der Junge sofort am Laternenpfahl nach oben.


Da er ihn nicht im Bus mitnehmen darf, rennt der Junge mit dem Luftballon durch die Stadt, gefilmt mit einer schnell zurückfahrenden Kamera, die die Dynamik des Laufens auch auf die Zuschauer*innen überträgt. Das möglicherweise befreiende Moment dieser Beschleunigung wird im zweiten Teil zurückgenommen, wenn der Junge vor den anderen Kindern flieht und sich die immer enger werdenden Straßen um ihn zu schließen scheinen.


Die zentralperspektivischen Achsen geben nur noch eine Bewegungsrichtung vor, einziger Ausweg ist eine Bewegung nach oben, dorthin, wo das Licht herkommt. Diese Bewegung wird der Junge am Ende des Films vollziehen. Nach der Zerstörung des roten Ballons treten aus verschiedenen Winkeln der Stadt Luftballone hervor, ‚versammeln’ sich um den Jungen und tragen ihn gen Himmel fort.
In der bereits besprochenen Szene des Versteckspiels wird auch vorgeführt, wie der Ballon das Kind von den vorgegebenen Bewegungs- und Blickrichtungen ablenkt: Der Junge schaut zurück, um die Ecke, bewegt sich vor und zurück, läuft im Kreis, hin- und her, scheint von dem nicht zielgerichteten sanften Schweben des Luftballons angesteckt. Endet diese Szene damit, dass der Ballon sich auf die Bewegung des Kindes einlässt und ihm folgt, so überlässt sich das Kind am Ende des Films ganz der Bewegung der Luftballons. Dieser Flug wird von François Vallet wie folgt gedeutet: "Das Bild des Kindes, das fliegt, kehrt [...] wie ein Leitmotiv auf der Leinwand wieder. Auf ständiger Suche nach dem Gleichgewicht und als unablässige Herausforderung an die physikalische Anziehungskraft, die moralische Schwerkraft, die vielfachen Verbote – die Kinder der siebten Kunst gehorchen dem sanften Befehl von Rimbaud: ‚Mach Dich davon frei. Fliege davon.’“
Die minutenlange Schlussszene mit dem Flug der Luftballone ist aber nicht nur ein Bild für die Befreiung von der Schwerkraft und von vorgegebenen Wegen, von den Verboten der Erwachsenen und den zerstörerischen Spielen der anderen Kinder. Sie deutet auch eine Verwandlung des Sichtbaren, eine Verwandlung des Films an. Die Ballone übernehmen nicht nur die Regie über die Handlung, sie bestimmen auch das Bild. Minutenlang richtet sich die Kamera auf die Bewegung farbiger Formen, die den Blick auf die Stadt verändern. In manchen Einstellungen wird die zentralperspektivische Raumanordnung der Stadt abgelöst von zweidimensional wirkenden Bildern farbiger Luftballone vor dem blauen Hintergrund des Himmels. Mit den Luftballonen löst sich nicht nur das Kind, sondern auch die Kamera vom Boden und schweift in den Himmel. Der Film scheint sich vom Ballast der Narration zu lösen und der Ästhetik der Farben, Formen und Bewegungen zu überantworten.






Kindheit wird in der rote ballon als eine Zeit des Spiels, der ungeregelten Bewegung, der Verschiebung des Blicks, der Empfänglichkeit für das Fantastische und Ästhetische dargestellt – im Gegensatz zur Ordnung und Gewalt der Welt (der Erwachsenen und der anderen Kinder). Der rote Ballon ist Initiator und Symbol dieser Haltung. Er verweist auf das Medium Film: Denn Film kann die Bewegungen des Ballons aufnehmen und imaginär verwandeln. Film kann Farben und Formen in Bewegung zur Anschauung bringen und den Zuschauer*innen dadurch andere Seherfahrungen, jenseits der Konzentration auf eine zielgerichtete Handlung ermöglichen – eine Abweichung, die das Kind im Angesicht des Luftballons erfährt.
Der Blick auf den Ballon: Bewegung und Filmästhetik
"I want real movement in real spaces." Hou Hsiao-hsien6
die reise des roten ballons kann als eine Antwort auf der rote ballon verstanden werden – oder auch als eine Befragung des Verhältnisses von Kindheit und Ästhetik in der zeitgenössischen Gesellschaft. Auch in die reise des roten ballons verschiebt der Ballon, der über den Dächern schwebt, den Blick auf Paris. Darüber hinaus wird er in einer mediatisierten Gesellschaft verortet, in der Filme wie andere Kunstformen und Medien den Alltag prägen. der rote ballon, der sogar die Pariser Häuserwände schmückt, ist hier schon zum Teil des kulturellen Gedächtnisses geworden. Der kindlichen Hauptfigur ist er trotzdem nicht bekannt, wohl aber seinem chinesischen Kindermädchen, einer Filmstudentin, die ein digitales Remake von der rote ballon in den Straßen von Paris dreht. Der in der rote ballon angelegte Bezug des Ballons zur (Film)Ästhetik wird in die reise des roten ballons somit aufgegriffen und expliziter zum Thema gemacht. die reise des roten ballons reflektiert die Bedingungen seiner Entstehung und die Bedingungen der Kunstrezeption – indem er ein Kaleidoskop von Kunstformen und Spiegelflächen (chinesisches Puppentheater, impressionistische Malerei, Skultptur, Film, Fenster aller Art) ins Spiel bringt.7
Beginnen wir jedoch mit dem Kern der Geschichte. Der kleine Protagonist mit Namen Simon (Simon Iteanu) ist auch hier ein einsames Kind ohne Spielkameraden. Er lebt getrennt vom Vater und der geliebten Schwester bei seiner gestressten alleinerziehenden Mutter Suzanne (Juliette Binoche), die von ihrem Beruf als Sprecherin für taiwanesische Puppentheater und ihren Alltagsproblemen beansprucht ist und die Sorge für das Kind an das Kindermädchen Song (Fang Song) abgegeben hat. In diesem Umfeld gestaltet sich die Beziehung des Kindes, das selten allein und unbeschäftigt ist, zum Ballon als eine ganz andere. Sie ist komplexer, distanzierter, und auch instabiler. Dies zeigt sich bereits in der ersten Sequenz des Films, einer Reinszenierung des Anfangs von der rote ballon.






Wie in der rote ballon entdeckt das Kind einen Ballon in der Luft, aber es gelingt ihm nicht, den Ballon zu greifen und mitzunehmen. Der Luftballon fliegt zu hoch, als dass Simon ihn durch das Hochklettern am Mast der Pariser Metrostation erreichen könnte, und er folgt auch nicht dessen lockenden Rufen. Zwar ‚holt’ der Ballon den Jungen später an einer anderen Metrostation wieder ‚ein’, aber die beiden bleiben getrennt durch die Scheiben und die sich schließenden Türen der Metro. Anders als in der rote ballon verzichtet der Junge nicht auf das Verkehrsmittel, um mit dem Ballon zu laufen, sondern er schaut ihm nur durch die Scheibe nach, so wie er auch die vorbeiziehende Stadt mit der Nase an die Scheibe gedrückt beobachtet.
Von Anfang an 'gehen' die beiden also getrennte Wege, die sich nur selten kreuzen. Der Luftballon wird nicht zum Freund, sondern schwebt wie ein (guter) Geist oder ein fremder Beobachter über die Häuserdächer. Manchmal erscheint er am Fenster, als würde er auf den Jungen blicken oder über ihn wachen (wenn dieser schläft oder anderen Beschäftigungen nachgeht). Er wird nicht mit menschlichen Zügen ausgestattet und in der Narration vereinnahmt, sondern bleibt ein Fremdkörper im Alltag der Stadt und der Figuren.



Die einzige Szene, in der Simon mit der Ballonschnur in der Hand durch Paris läuft, ist als Film im Film auf dem Desktop eines Computers zu sehen: Es handelt sich um eine Szene aus dem Remake von der rote ballon, das die Filmstudentin Song mit einer digitalen Kamera gedreht hat. Von den ‚Windows’ des Computers wie ein Bild gerahmt, zeigt diese Szene einen anderen möglichen Ausgang der ersten Begegnung. Hier tritt der Junge mit dem Ballon in der Hand aus der Metrostation, lässt ihn aber schon bald darauf los, als ein Schaufenster seine Aufmerksamkeit fesselt. Der Ballon schwebt nach oben, entlang einer Fassade, an der ein gemalter roter Ballon auf den alten Film verweist.






Diese Erinnerung an das filmische Vorbild verdeutlicht vor allem die Unterschiede. Sie wirkt wie ein melancholischer Abgesang auf den roten Ballon, der in der Unübersichtlichkeit des heutigen Paris kaum noch ein zentraler Blickpunkt ist. Als wollte der Regisseur darauf verweisen, dass heute, angesichts der vielfältigen Ablenkungen in der zeitgenössischen Großstadt, Konsum- und Medienwelt, eine solche Beziehung zwischen einem Kind und einem Ballon nicht mehr vorstellbar sei. Oder aber: dass die magische Begegnung von Kind und Ballon schon immer vor allem eine Konstruktion, eine Wunschvorstellung des Kinos war.
Wenn schon das Kind in die reise des roten ballons nicht mit dem Luftballon läuft und spielt – so wird diese Rolle doch von anderer Seite übernommen, und zwar von der Kamera. Die Kamera lenkt den Blick der Zuschauer*innen auf den Ballon, sie folgt dessen Bewegungen, schmiegt sich ihnen an. Schon in der ersten Szene scheint der Ballon mit der Kamera Verstecken zu spielen, wenn diese in den Himmel schwenkt, um ihn einzufangen und er hinter Bäumen verschwindet. Der Luftballon motiviert eine Verschiebung des Blicks. Die Kamera schweift nach oben, wendet sich ab von den bekannten Sehenswürdigkeiten der Stadt, oder erschließt sich ihre Ansicht nur beiläufig, wie von der Seite. Die Kamerabewegung lädt zum eingehenden Betrachten der ziellosen Bewegungen des Ballons ein, der sich in der Luft wiegt. Dies geschieht schon in der ersten Szene, wenn sie den Auf- und Abbewegungen des Ballons folgt und dabei nur beiläufig auch an der Pariser Freiheitsstatue entlangstreift. Die Kamerabewegungen scheinen sich die Bewegungen des Ballons anzueignen, sie sind schwebend, kreisend – folgen nicht den Achsen der Architektur oder den Aktionen der Figuren. Hier wird der Modus einer zielgerichteten Narration, zugunsten eines poetischen, schweifenden Blicks verlassen, der sich Zeit nimmt und auf die Umgebung einlässt.
Diese Haltung wird nicht nur in den Szenen mit dem Ballon sichtbar, sondern sie charakterisiert die Kameraführung des gesamten Films. Die Kamera zeigt sich gegenüber der Handlung und den Figuren autonom, sie driftet ab, widmet sich belanglosen Details des städtischen Alltags, interessiert sich für Spiegelungen in Scheiben und Strukturen im Bild, zeigt uns entlegene Winkel und nimmt ungewöhnliche Perspektiven ein – eine Haltung, die auch in anderen Filmen Hou Hsia-hsiens, u.a. in three times (zui hao de shi guang, Frankreich/Taiwan 2005), anzutreffen ist. "So wie der Weg des Ballons keiner Richtschnur folgt, die ihn irgendwohin führen würde, so läßt uns dieser Film von Hou, mehr noch als seine Vorläufer, keiner Geschichte folgen. Wie der Ballon, treibt die Kamera in der Mitte der Lebenden, vertrauensvoll lässt sie sich von dem tragen, das sich um sie dreht, verweilt mal hier, mal dort. Es gibt keine Hierarchie [...] Hou weigert sich, zwischen dem, was der Aufmerksamkeit wert ist oder nicht, zu unterscheiden und bringt, indem er Räume und Menschen erforscht, Statisten und Hauptfiguren gleichermaßen zur Geltung."8
Die Kamera scheint in die reise des roten ballons selbst wie ein fremder Besucher, bewegt von seiner Umgebung und dennoch unberührt, frei in alle Richtungen schwebend. Sie vertritt damit die Position des Regisseurs, der in Paris, das er vorher nur von Bildern und Filmen kannte, zum ersten Mal drehte. Sie ist ein Flaneur, der durch eine fremde Stadt streunt und zufällige Einblicke erhascht.9
Die ästhetische Dimension des Ballons artikuliert sich in der rote ballon vor allem in der Interaktion von Kind und Ballon und auf der Ebene der Bildgestaltung. In die reise des roten ballons zeigt sie sich in der Haltung der Kamera, die vom Ballon affiziert wird. Im Schweben von Ort zu Ort, in der ‚Rolle’ als wohlwollender, unbeteiligter Beobachter, erscheint der Ballon wie ein Stellvertreter der Regie im Bild. Der Film ist nicht nur das Medium, das die schwebenden Bewegungen dieses Gegenstandes einzufangen vermag, sondern das diese Bewegungen mit der Kamera aufgreift, sich zu eigen macht.
Ballon, Kindheit, Vermittlung
Auch wenn die Beziehung zwischen Kind und Ballon in die reise des roten ballons problematischer und weniger zentral für die Handlung ist, ist doch das Kind die einzige Figur, die den Ballon überhaupt von Zeit zu Zeit sieht. Eindeutig ist dies am Anfang und am Schluss, auf den ich gleich zu sprechen kommen werde. Dazwischen gibt es eine Szene, in der der Ballon am Fenster der Wohnung des Jungen erscheint, der Junge aber nicht zu ihm hinschaut. Stattdessen blickt er wie gebannt in den Sucher einer Digitalkamera und antwortet nebenbei auf die Fragen von Song, die wissen möchte, wie man Crêpes zubereitet. Was der Junge im Sucher der Kamera sieht, erfahren wir nicht, aber die Kamera ist auf das Fenster gerichtet – es könnte also der Ballon sein.



Auch hier wäre dann – wie in dem Film im Film – die Kamera die Voraussetzung für eine Begegnung mit dem Ballon, die Voraussetzung dafür, dass sich die Aufmerksamkeit des Kindes auf den Ballon richtet. Diese Szene wirft die Frage auf, ob die Kamera den Jungen vom Blick durch das Fenster abhält, also nur eine der vielzähligen medialen Ablenkungen neben Computerspiel und Flipper ist, oder ob gerade sie ihm ermöglicht, den Ballon zu sehen. Sie scheint damit die Suchbewegung des Films vorzugeben. Denn dieser befragt die Bedingungen, unter denen ein Kind heute für die Ästhetik, die der Ballon verkörpert, für die beiläufigen Details, Farben und Bewegungen am Rande des Alltags, kurz: für das in der Realität Sichtbare, noch empfänglich ist – oder ob alles nur noch durch Spiegel und Rahmen, durch mediale Anordnungen hinweg wahrnehmbar wird.
Diese Frage wird in der letzten Szene des Films zugespitzt, in der der Junge im Musée d'Orsay zusammen mit anderen Kindern das Gemälde Le Ballon von Félix Valloton (1899) betrachtet und sein Blick dann abschweift zum Glasdach des Gebäudes, an dem der rote Ballon erscheint.






Der Blick des Kindes auf das Gemälde und auf den Ballon wurde bereits in der rote ballon in einer Szene thematisiert, in welcher der Junge mit dem Ballon einen Flohmarkt besucht. Während der Junge ein am Boden stehendes Bild betrachtet, auf dem ein Mädchen mit Reifen zu sehen ist, spiegelt sich der Luftballon in einem Spiegelschrank. Diese zweifache Selbstbegegnung betont die 'Individualität' des Ballons (oder ironisiert sie), da dieser sich wie ein Mensch im Spiegel zu betrachten und seiner selbst bewusst zu sein scheint.10 Aber die Szene enthält auch ein Moment der filmischen Selbstreflexivität, insofern hier zwei Formen gegenüber gestellt werden, ein spielendes Kind mit einem Spielzeug zu zeigen. Das Gemälde, auf dem das Mädchen starr neben seinem Reifen steht, vermag die Bewegungen des Spielzeugs nicht einzufangen – anders als der Spiegel oder der Film.


Auch die reise des roten ballons scheint diese mediale Differenz zu betonen, wenn sich die Aufmerksamkeit des Jungen erst auf das Gemälde Le Ballon richtet und dann zum Oberlicht abschweift, hinter dem sich der Luftballon, weit oben, von den Gitterstreben der Dachkonstruktion eingerahmt, auf und ab bewegt. Das Gemälde, das Bewegung nur andeuten kann, wird auch hier dem Film als Aufzeichnungsinstrument der Bewegungen entgegengestellt.
Deutlicher als der rote ballon insistiert die reise des roten ballons in dieser Szene auf dem Blick des Kindes, der durch eine Dritte, die Museumspädagogin, gelenkt wird. Das Gemälde ist so kadriert (und beleuchtet), dass es von der Spiegelung der Betrachter*innen in der Schutzscheibe überlagert wird. Die Verlagerung der Schärfe rückt abwechselnd das Gemälde und die Kindergruppe mit der Pädagogin in den Vordergrund. Auf der Tonebene ist zu hören, wie über die Gestaltung des Gemäldes gesprochen wird: über Perspektive, Licht und Schatten, Atmosphäre ... Danach fokussiert die Kamera Simon, der unter den Kindern sitzt, in Nahaufnahme und greift im Anschluss seinen über das Gemälde streifenden Blick auf. Als von dem roten ballon (dt. Ball oder Luftballon) die Rede ist und ein Kind sich an einen Film mit einem roten Ballon erinnert, wendet Simon seinen Blick nach oben zur Decke, wo im Gegenschuss der rote Luftballon zu sehen ist. (Siehe die vollständige Auflösung der Szene hier.)
Was geschieht hier? Ist es die Auseinandersetzung mit dem Gemälde, das einen roten Ball zeigt11 , die das Kind zum Blick auf den Luftballon in der Wirklichkeit anregt? Oder handelt es sich um eine Ablenkung von der Kunst und dem Museum, einen Ausdruck von Langeweile, in der das Kind seinen Blick auf einen neuen visuellen Reiz richtet? Oder haben wir es möglicherweise mit einem faszinierten Abschweifen des Blicks zu tun, der Schönheit in der äußeren Wirklichkeit statt im Museum bzw. in der Kunst sucht? Was sagt uns diese, prominent an den Schluss des Films gesetzte Szene, die wie ein Fingerzeig der Regie wirkt – als würde der Blick des Kindes auf das Verweisen, was uns die Kamera zeigen möchte? Welche Fragen zur Kunstvermittlung werden hier aufgeworfen? Ist es das Museum, als ein von äußeren Reizen abgeschirmter Ort, das die Einübung von Aufmerksamkeit heute ermöglicht? Ist es die Kunstvermittlung, die, indem sie die Sensibilität für ästhetische Formen fördert, auch die Sinne für den Alltag schärft? Oder bringt das Kind diese Empfänglichkeit für Ästhetik schon mit, kann sich aber angesichts vielfältiger Zerstreuungen nur schwer darauf einlassen? Der Schluss des Films zeigt uns gleichermaßen die Lust des Kindes, dem Ballon zuzuschauen, wie auch die Distanz, die zwischen beiden liegt. Es ist nur sein Blick, nicht sein Körper, der von dem Luftballon weggetragen wird. Am Ende schwebt der Ballon alleine über die Dächer von Paris davon, gefolgt nur von der Kamera und den Blicken der Zuschauer*innen.
Ein Luftballon ist ein einfaches, seit dem 19. Jahrhundert verbreitetes Spielzeug, das – wie die Ballons als wissenschaftliche Instrumente oder Transportmittel – mit seinen von der Luft motivierten Bewegungen Physik und Ästhetik sichtbar macht. Er ist Objekt des Spiels, der Forschung und der Verwunderung. In der rote ballon wie in die reise des roten ballons verkörpert der Ballon die privilegierte Verbindung von Kind/Kindheit und Filmästhetik: Denn der Film kann die Bewegungen des Ballons aufzeichnen und sichtbar machen und zugleich bringen die Bewegungen des Ballons die Eigenschaften des Mediums Film zur Geltung. In beiden Filmen ist der Ballon – aufgrund seiner Erscheinung und seiner ungeregelten Bewegung – ein Fremdkörper. In der rote ballon wird dieser Fremdkörper durch das Kind vertraut gemacht und von der Narration vereinnahmt. In die reise des roten ballons bewahrt er dagegen seine Fremdheit: Seine Anwesenheit ist wie ein ständiger Appell an die Zuschauer*innen, sich nicht (nur) auf die Handlung und die Figuren zu konzentrieren, sondern sich seinen streunenden Bewegungen zu überlassen und den Blick schweifen zu lassen. In der eher konventionellen Inszenierung von der rote ballon artikuliert sich die Fremdheit des Ballons, seine ästhetische Dimension, vor allem auf der Ebene des Bildes: im Kontrast der roten Farbe und runden Form mit dem grau-geradlinigen Umfeld der Stadt. Erst ganz am Ende führt das Abschweifen der Bewegung kurzzeitig auch zu einer Veränderung des Bildes: wenn die Kamera dem Flug der Ballons gen Himmel folgt und die Bewegung von Farben vor blauem Hintergrund den Kader 'flutet'. In die reise des roten ballons artikuliert sich die ästhetische Dimension des Ballons dagegen in der Kameraführung, die schon zu Beginn seinen sachten Bewegungen in der Luft nachgeht und sich auch in den Szenen ohne Ballon die Geste der Abweichung, des Verweilens bei nebensächlichen Details, ästhetischen Formen und flüchtigen Bewegungen zu eigen macht. Deutlicher als in der rote ballon ist hier der Luftballon nicht nur ein Moment der Imagination – also der Inszenierung einer magischen Beziehung von Kind und Ballon – sondern auch ein Objekt der Realität, das durch seine nur bedingt kontrollierbaren Bewegungen eine andere Wahrnehmung der Stadtwirklichkeit anregt.






Dementsprechend äußert sich die Beziehung von Kind und Ballon ganz unterschiedlich: Während der rote ballon vorführt, wie die Bewegungen des Kindes durch den Ballon 'abgelenkt' werden, sich beschleunigen und verlangsamen, vom geraden Weg abkommen und am Ende nach oben, in die Luft und damit in die Freiheit führen, so ist es in die reise des roten ballons die Kamera, die sich dieser Freiheit überantworten kann. Das Kind wirkt dagegen wie fixiert in vorgeprägten Wegen und in einer Vielzahl von Beschäftigungen, die seine Aufmerksamkeit bannen. Weder klettert er nach oben, noch tritt er aus der Metro heraus, um den Ballon einzufangen. Stattdessen wendet er sich dem Ballon mit dem Blick zu – meist vermittelt durch Fensterscheiben oder den Sucher der Kamera. Sein Freiheitsmoment liegt nicht in der Ablenkung der Bewegung, sondern im Abschweifen des Blicks. Dies wird in der letzten Szene deutlich, wenn der Junge in dem Raum des Museums aus der Vermittlungssituation ‚austritt’, die seinen Blick auf ein Gemälde lenkt, und stattdessen nach oben zum Luftballon am Fenster schaut. Die Beziehung zwischen Junge und Ballon, zwischen dem Kind und einer ästhetisch-spielerischen Erfassung der Wirklichkeit, scheint hier zwar immer noch privilegiert gegenüber den Erwachsenen, aber gebrochen durch die vielfältigen Facetten des modernen Alltags. die reise des roten ballons setzt diese Beziehung nicht mehr selbstverständlich voraus – so wie der rote ballon es tut. Der Film regt vielmehr zum Nachdenken darüber an, unter welchen Bedingungen sie in der heutigen Zeit möglich und ob sie nicht zuerst und vor allem eine filmische Konstruktion ist.
Wie zahlreiche andere Filme der 1950er und 1960er Jahre, beispielsweise little fugitiv (R: Ray Ashley, Morris Engel, Ruth Orkin, USA 1953) oder ... enfants des courants d'air (R: Édouard Luntz, Frankreich 1959), inszeniert der rote ballon die Lust eines Kindes an der Bewegung und am Schauen und reflektiert damit das Medium Film, als ein Medium, das Bewegungen aufzeichnen und zur Anschauung bringen kann.12 Der 50 Jahre später entstandene Film die reise des roten ballons erzählt dagegen von einer Fixierung der Bewegungen, einem mediatisierten Schauen, dem dieses Befreiungspotential nicht (mehr) inne zu wohnen scheint. Es bleibt den Zuschauer*innen überlassen, dies als einen Kommentar über zeitgenössische Kindheiten oder über die heutigen Bedingungen des Filmemachens und -schauens zu verstehen.
Zitiervorschlag: Bettina Henzler: Sich vom Ballon wegtragen lassen. In: Bettina Henzler (Hg.): Filmästhetik und Kindheit. Online-Beiträge zum gleichnamigen Forschungsprojekt. Veröffentlicht am 17.01.2018, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:46-00106347-16.
Filme / Literatur
der rote ballon / le ballon rouge, R: Albert Lamorisse, Frankreich 1956
die reise des roten ballons / le voyage du ballon rouge, R: Hou Hsiao-hsien, Frankreich 2008
enfants des courants d'air, R: Édouard Luntz, Frankreich 1959
little fugitiv, R: Ray Ashley, Morris Engel, Ruth Orkin, USA 1953
three times / zui hao de shi guang, R: Hou Hsiao-hsiens, Frankreich/Taiwan 2005
Alejandro Bachmann: Mit dem linken Auge sehen. Utopie der Moderne im kindlichen Blick. In: Bettina Henzler, Winfried Pauleit (Hg.): Kino und Kindheit. Berlin 2017
André Bazin: Schneiden verboten! In: Was ist Film? Berlin 2004, S. 80f
Brian Selznick: The Red Balloon: Written on the Wind. Online [12.11.2016]
Carolyn A. Durham: Adapting Impressionism: Hou Hsiao-hsien’s Le Voyage du ballon rouge. Modern Languages Open. DOI: Online (12.11.2016)
Donald W. Winnicott: Jeu et réalité. Paris 1971, S. 73
Marion Pasquier: „Seul le rien s'insère dans ce qui n'a pas de failles". Le Voyage du ballon rouge. Online [12.11.2016]
Richard I. Suchenski: Working With Limits: A Conversation with Hou Hsiao-hsien und Chu Tien-wen. In: Richard I. Suchenski: Hou Hsiao-hsien. Wien 2004, S. 186-199
Anmerkungen
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2
"An adult watching The Red Balloon will not find it difficult to see the title character as a symbol of spirituality, friendship, love, transcendence, the triumph of good over evil, or any of the countless other things that a simple, round red balloon can represent. But perhaps we’re better off enjoying some things the way a child understands them: not as metaphors but as stories. In the end, I think there’s something nice about allowing the balloon to just be." Selznick a.a.O.
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3
Donald W. Winnicott: Jeu et réalité. Paris 1971, S. 73.
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4
André Bazin: Schneiden verboten! In: Was ist Film? Berlin 2004, S. 80f.
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5
Er wird dementsprechend von Kommentatoren auch als Tod beschrieben, siehe beispielsweise Selznick a.a.O.
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6
Richard I. Suchenski: Working With Limits: A Conversation with Hou Hsiao-hsien und Chu Tien-wen. In: Richard I. Suchenski: Hou Hsiao-hsien. Wien 2004, S. 186-199, hier 190.
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8
"De même que le trajet du ballon ne s’effectue selon aucune ligne directrice qui le mènerait quelque part, de même le film de Hou, plus encore que ses précédents, ne nous fait suivre aucune histoire. Comme le ballon, la caméra flotte au milieu des êtres, en toute confiance, se laisse porter par ce qui gravite autour d’elle, s’attarde sur les uns et les autres. Sans hiérarchie. Chinois en cela, Hou refuse de distinguer ce qui serait digne ou non d’intérêt, et en sondant l’espace et les êtres, met autant en valeur les figurants que ses personnages." Marion Pasquier: „Seul le rien s'insère dans ce qui n'a pas de failles". Le Voyage du ballon rouge. Online [12.11.2016]
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9
Durham verweist auf diese Parallele zum Flaneur als einer Figur des 19. Jahrhunderts, die von dem Film insofern selbst nahegelegt wird, als dass er sich am Ende auf die (post-) impressionistische Malerei, also die Kunst, den flüchtigen Augenblick festzuhalten, bezieht. Durham a.a.O.
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10
"What kind of strange self-realization is going on here? Does Pascal see himself reflected in the blank stare of the painted girl in the same way that the balloon, for the first and only time, sees itself, alive? Is it a moment where both the boy and the balloon contemplate their loneliness, which ultimately confirms their need for each other?" Brian Selznick, a.a.O.
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11
Im Französischen bedeutet ballon sowohl Ball als auch Luftballon. Auf dem Gemälde ist ein roter Ball zu sehen.
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12
Zum Blick des Kindes im Kino der Moderne siehe Alejandro Bachmann: Mit dem linken Auge sehen. Utopie der Moderne im kindlichen Blick. In: Bettina Henzler, Winfried Pauleit (Hg.): Kino und Kindheit. Berlin 2017.